Ein Beitrag von
Jens-Christian Bielak
Rechtsanwalt & Steuerberater bei MUNKERT & PARTNER
Ab 1.1.2022 wird der Wegzug, insbesondere in EU/EWR Staaten (EWR: Island, Liechtenstein, Norwegen) für Personen, die bisher in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind und Anteile an Kapitalgesellschaften iHv mind. 1 % halten deutlich verschärft (§17 EStG iVm §6 AStG idF des ATAD-Umsetzungsgesetzes vom 30.6.2021). Lt. Gesetzesbegründung sollten die bisherigen Regelungen an die neuere europäische Rechtsprechung angepasst werden, stellen aber insbesondere für Wegzüge in EU/EWR Staaten im Vergleich zur bisherigen Rechtslage teilweise eine deutliche Verschärfung bzw. Verschlechterung für Wegzüge dar.
Bisher werden natürliche Personen als Anteilseigner von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit einer Beteiligung von mind. 1 % an einer z.B. GmbH oder AG, die mindestens 10 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren und dann vollständig ihren inländischen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland durch Wegzug aufgeben, fiktiv so behandelt, als hätten sie ihre Anteile zum gemeinen Wert (Marktwert) veräußert, weil durch den Wegzug der deutsche Fiskus das Besteuerungsrecht verloren hätte. Davon erfasst werden auch andere Tatbestände, wie etwa die Schenkung einer solchen Beteiligung an ihm Ausland lebende Verwandte oder bestimmte andere Umstrukturierungsvorgänge mit Bezug zum Ausland. In diesen Fällen kommt es also zur Besteuerung eines rein fiktiven Veräußerungsgewinnes in Deutschland, dessen Steuerbelastung erheblich sein kann.
Beim vollständigen Wegzug in einen EU/EWR Staat kann aber bisher vor dem Wegzug beim Finanzamt zumindest eine dauerhafte, zinslose Stundung der (fiktiven) Steuer ohne Sicherheitsleistung beantragt werden, solange die Anteile nicht tatsächlich veräußert, oder anderweitig dem deutschen Besteuerungsrecht entzogen werden. Bei vorübergehendem Aufenthalt im Ausland entfällt der Steueranspruch zudem rückwirkend wieder ganz, wenn die Person die Anteile nicht veräußert hat und innerhalb von 5 Jahren (Verlängerungsmöglichkeit auf 10 Jahre) wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird in Deutschland. Beim Wegzug in Drittstaaten wird die Steuer hingegen grds. sofort fällig, kann auf Antrag in Raten für max. 5 Jahre gegen Sicherheitsleistung entrichtet werden.
Ab 2022 wird nun die Steuer bei einem vollständigen Wegzug sowohl in einen EU/EWR als auch in einen Drittstaat sofort fällig, und grundsätzlich auch nicht mehr dauerhaft gestundet. Die Fristen für die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland ändern sich von 10 auf nur noch 7 Jahre innerhalb eines Betrachtungszeitraumes von 12 Jahren. Auf Antrag kann die Steuer nun nur über 7 Jahre als (zinslose) Ratenzahlung in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung entrichtet werden. Bei vorübergehender Abwesenheit von max. 7 Jahren (verlängerbar auf 12 Jahre) ist eine (nunmehr befristete) Steuerstundung und das Entfallen der Jahresraten möglich, und zwar grundsätzlich auch bei Wegzug in Drittstaaten. Jedoch gibt es bei vorübergehender Abwesenheit eine Verzinsungs-pflicht, wenn nachträglich ein Veräußerungsfall o.ä. eintritt. Zur vorübergehenden Abwesenheit gibt es dazu Sonderregeln. So sollen diese nicht gelten, wenn innerhalb des Zeitraumes der vorübergehenden Abwesenheit die Kapitalgesellschaft etwa Gewinnausschüttungen durchführt oder Einlagen an den Anteilseigner zurückgewährt, die mehr als 25 % des gemeinen Wertes des Anteils ausmachen (sog. „Leerschütten“), oder die Anteile in ein anderes Betriebsvermögen (zB in eine Stiftung) eingelegt werden.
Für bis zum 31.12.2021 erfolgte Wegzüge und die damit verbundenen Stundungen und Fristen sollen im Wesentlichen die bisherigen Regelungen fortgelten. Gerade für EU/EWR Fälle sind die bisherigen Regelungen als vorteilhafter einzuschätzen.
Im Rahmen von Überlegungen zu beabsichtigten (oder bereits erfolgten) Wegzügen ins Ausland sowie Gestaltungen zur vorweggenommenen Erbfolge mit Auslandsbezug sollten die Regelungen zur Wegzugsbesteuerung jedenfalls genau durch Ihren Berater geprüft werden.
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