Grunderwerbsteuer-
verschärfungen für den sog. „Share Deal“ ab dem 1. Juli 2021

03.05.2021
Juergen_Grosskopf-Dibs_3



Ein Beitrag von
Jürgen Großkopf-Dibs
,
Partner bei MUNKERT & PARTNER
Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt, Steuerberater

Grunderwerbsteuerverschärfungen für den sog. „Share Deal“ ab dem 1. Juli 2021

Bereits seit dem Jahr 2016 werden Änderungsmöglichkeiten betreffend die grunderwerbsteuerliche Behandlung von sog. „Share Deals“, d.h. einem Erwerb von Anteilen an grundbesitzbesitzenden Gesellschaften diskutiert. Ein vormaliger Gesetzesentwurf sollte ursprünglich bereits zum Ende des Jahres 2019 verabschiedet werden und Änderungen zum 1. Januar 2020 in Kraft treten. Nach langem Hin und Her soll es mit der Gesetzesverschärfung jetzt mit beabsichtigtem Inkrafttreten der Neuerungen zum 1. Juli 2021 auf einmal ganz schnell gehen.

Am 21. April 2021 hat der Bundestag das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes in der vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Fassung (BT-Drucks. 19/28528 v. 15.4.2021) angenommen. Es ist zu erwarten, dass der Bundesrat in seiner nächsten Sitzung am 8. Mai 2021 zustimmt und die Neuregelungen zeitnah im Bundesgesetzblatt veröffentlich werden, womit sich insbesondere folgende wesentliche gesetzlichen Änderungen bei der Grunderwerbsteuer ergeben:

  • Absenkung des maßgeblichen Schwellenwerts/Mindestbeteiligungsquote in den sog. Ergänzungstatbeständen des § 1 GrEStG für Anteilsübertragungen von 95% auf 90 %;
  • Verlängerung der bisherigen Fünfjahresfristen in § 1 Abs. 2a GrEStG  und in den §§ 5 , 6 , 7 Abs. 3 GrEStG grundsätzlich auf zehn Jahre und bezogen auf den gestreckten Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden Personengesellschaft, wenn es zur Vereinigung von mindestens 95% oder 90% der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft in der Hand des Erwerbers gem. § 1 Abs. 3 , Abs. 3a GrEStG  alte oder neue Fassung kommt, sogar auf 15 Jahre;
  • Besteuerung eines mindestens 90%igen (unmittelbaren und/oder mittelbaren) Gesellschafterwechsels bei grundbesitzenden Kapitalgesellschaften innerhalb von zehn Jahren (ebenso wie bei den Personengesellschaften);
  • Einführung einer Börsenklausel, wonach Anteilsübergänge für die Ermittlung der Mindestbeteiligungsquote iHv. 90 % nicht einbezogen werden, wenn die Anteile der Gesellschaft an einem organisierten Markt zum Handel zugelassen und der Anteilsübergang aufgrund eines Geschäfts an einem solchen Markt oder einem multilateralen Handelssystem erfolgt;
  • Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage bei Grundstücksverkauf zwischen an einer übertragenden Umwandlung beteiligten Rechtsträgern zu einem unter dem Grundbesitzwert nach BewG liegenden Kaufpreis im umwandlungssteuerrechtlichen Rückwirkungszeitraum, wenn die Umwandlung ohne diesen Erwerbsvorgang i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG ausgelöst hätte;

Da die nunmehr vorgesehenen Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz, bereits zum 1. Juli 2021 in Kraft treten und damit anwendbar sein sollen, ist für den Fall geplanter grunderwerbsteuerlich relevanter Transkationen aktuell zu hinterfragen, ob diese ggf. noch vor diesem Zeitpunkt und möglicherweise auf Basis der bisherigen Rechtslage umgesetzt werden können.

Ausgewählte Praxishinweise:

  • Zu beachten ist, dass die im damaligen Regierungsentwurf des Jahres 2019 enthaltenen Vertrauensschutzregelungen hinsichtlich des unmittelbaren und/oder mittelbaren Gesellschafterwechsels in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses vom 15. April 2021 nicht wie ursprünglich vorgesehen umgesetzt werden. Dies führt dazu, dass der Vertrauensschutz für Verpflichtungsgeschäfte, die vor dem 1. Juli 2021 abgeschlossen, aber erst danach dinglich vollzogen werden, nicht gegeben ist, sondern Rechtsgeschäfte, die nach dem 30. Juni 2021 dinglich vollzogen werden, nach den verschärften Regelungen steuerbar sind. Daneben ist zu bedenken, dass bislang eine Stellung als sog. „Altgesellschafter“ (der zur Betrachtung im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG somit nicht mehr als „neuer Gesellschafter“ gilt), bislang nach Ablauf von fünf Jahren erlangt werden konnte. Im Ergebnis bleibt damit für zeitlich vor dem 1. Juli 2016 dinglich vollzogene Anteilsübertragungen eine damit erlangte Altgesellschafterstellung von der Neuregelung unberührt. Umgekehrt ist jedoch hieraus zu schließen, dass für Gesellschafter, die eine Beteiligung durch Anteilserwerb nach dem 30. Juni 2016 dinglich begründet haben, die Frist zur Erlangung des Altgesellschafterstatus (von vormals fünf Jahren) auf insgesamt 10 Jahre verlängert wurde.
  • Was den Vertrauensschutz angeht, so wurde hinsichtlich der Neuregelung betreffend Änderungen des Gesellschafterbestands bei Kapitalgesellschaften zwar nunmehr vorgesehen, dass vor dem 1. Juli 2021 erfolgte Anteilsübertragungen insoweit nicht zu berücksichtigen sind. Ob hieraus eine Qualifikation als „Altgesellschafter“ abgeleitet werden kann ist fraglich. In der Literatur werden hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten, so dass ggf. hierfür unter Umständen die neue zeitliche Grenze von 10 Jahren maßgebend sein könnte und – sofern diese noch nicht erfüllt ist – auch die nach dem 30. Juni 2021 dinglich vollzogenen Anteilserwerbe eines bereits am 30. Juni 2021 beteiligten Gesellschafters für die Prüfung der neuen Mindestbeteiligungsquote iHv. 90% einzubeziehen wären.

Fazit

Vereinfacht zusammengefasst bedeutet die bevorstehende Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes, dass es voraussichtlich ab dem 1. Juli 2021 für Investoren bei Immobilientransaktionen erheblich schwieriger sein wird, Immobilien im Wege eines „Share Deals“ grunderwerbsteuerfrei zu erwerben, da der Anteilserwerb von grundbesitzbesitzenden Gesellschaften zukünftig bereits ab 90 % Mindestbeteiligungsquote steuerpflichtig sein wird (bisher lag diese bei 95%) und der Investor die erworbenen Anteile nunmehr zehn oder sogar 15 Jahre (anstelle der bisherigen 5 Jahre) halten muss, um in den Genuss der Steuerfreiheit zu gelangen. Wie bereits vorstehend im Rahmen der anzunehmenden eingeschränkten Vertrauensschutzregelung angedeutet, ist die mit der Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes verbundene Implikation auf Immobilientransaktionen der Vergangenheit vielschichtig und notwendig im jeweiligen Einzelfall – insbesondere im Vorfeld einer weiteren Übertragung von Immobilien bzw. Anteilen an immobilienbesitzenden Gesellschaften – zu prüfen.



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