Die Ausbreitung des Coronavirus hat auch Auswirkungen auf die Rechnungslegung und die Prüfung von Jahres- bzw. Konzernabschlüssen. Daher hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) am 4. März 2020 sowie am 25. März 2020 fachliche Hinweise zu diesem Thema veröffentlicht.
Bezüglich der Rechnungslegung sind dabei unseres Erachtens insbesondere folgende Aspekte hervorzuheben:
- Mit Hinweis darauf, dass der Ausbruch des Coronavirus zwar bereits im Dezember 2019 in China stattgefunden hat, dessen länderübergreifende Ausbreitung zu einer Pandemie jedoch erst zu Beginn 2020, sieht das IDW in der Corona-Pandemie ein sog. wertbegründendes Ereignis nach dem Abschlussstichtag 31. Dezember 2019, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen war, dass das Virus sich so stark weltweit verbreiten würde. Für Unternehmen mit einem kalendergleichen Geschäftsjahr sind damit die bilanziellen Konsequenzen hinsichtlich Ansatz und Bewertung der Aktiv- und Passivposten in der Regel erst in demjenigen Geschäftsjahr zu ziehen, das nach dem 31. Dezember 2019 beginnt. Das Zahlenwerk zum 31. Dezember 2019 ist folglich unbeeinflusst von den Auswirkungen der Corona-Krise. Anders verhält es sich für Abschlüsse mit den Abschlussstichtagen 29. Februar oder 31. März 2020. Hier gilt es sehr wohl zu überlegen, ob Anpassungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (z.B. erhöhte Erfordernis für Wertberichtigungen im Bereich der Forderungen und Vorräte) erforderlich sind, um die bilanziellen Konsequenzen der Pandemie zutreffend in den Jahres- und Konzernabschlüssen abzubilden.
- Folge der Annahme, die Corona-Krise sei ein wertbegründendes Ereignis, sind verstärkte Berichterstattungspflichten im Rahmen der Nachtragsberichterstattung insbesondere in den Anhängen zum 31. Dezember 2019 (§ 285 Nr. 33 HGB), soweit in der Corona-Pandemie ein sog. „Vorgang von besonderer Bedeutung“ zu sehen ist. Ein solcher Vorgang liegt vor, wenn die Auswirkungen geeignet sind, das Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Berichtsunternehmens zu beeinflussen und ohne Nachtragsberichterstattung die Entwicklungen nach dem Abschlussstichtag von den Adressaten wesentlich anders beurteilt werden würden. Ob dies gegeben ist, muss stets im Einzelfall entschieden werden. Aufgrund der breiten, branchenübergreifenden wirtschaftlichen Konsequenzen, dürfte dies jedoch bei vielen Unternehmen unstrittig zu bejahen sein. Das IDW vertritt zudem die Ansicht, dass der Nachtragsbericht auch eine geeignete Stelle ist, um auf wesentliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Annahme der Unternehmensfortführung einzugehen (insbesondere, wenn größenbedingt keine Pflicht zur Lageberichterstattung besteht).
- Die Corona-Krise wird sich zudem im Rahmen der Lageberichterstattung in den meisten Risikoberichten niederzuschlagen haben. Von der Berichterstattungspflicht ist auszugehen, wenn künftige Entwicklungen zu negativen Prognoseabweichungen führen können, es sich folglich um ein Einzelrisiko handelt, ohne dessen Angabe kein zutreffendes Bild der Risikolage der Berichtsgesellschaft vermittelt werden kann. Für die derzeit zu formulierenden Prognoseberichte kann aber nach Meinung des IDW die Erleichterungsvorschrift des DRS 20.133 in Anspruch genommen werden. Diese sieht vor, dass in Fällen einer außergewöhnlich hohen Unsicherheit, welche die Prognosefähigkeit der Unternehmen wesentlich beeinträchtigt, statt sonst erforderlicher Punkt-, Intervall- und qualifiziert-komparativer Prognosen lediglich Szenario-Angaben/-Analysen, oder aber rein komparative Prognosen ausreichend sind. D.h. z.B., dass unter den aktuellen Umständen den Berichtserfordernissen genüge getan wird, wenn bspw. ein Umsatz- und/oder Ergebnisrückgang prognostiziert wird, ohne jedoch auf das konkrete Ausmaß des Rückgangs einzugehen (sei es absolut oder relativ). Ein vollständiger Verzicht auf die Prognoseberichterstattung mit Hinweis auf die bestehenden Unsicherheiten ist hingegen nicht zulässig.
Wir als Abschlussprüfer werden in den kommenden Wochen gefordert sein, zu beurteilen, ob die Darstellungen im Anhang oder Lagebericht den neuen Anforderungen und Rahmenbedingungen entsprechen, um zu gewährleisten, dass die Angaben nicht unberechtigterweise unterlassen wurden oder nicht angemessen sind.
Bei Fragen zu einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung bzw. ausreichenden und angemessenen Finanzberichterstattung in Zeiten der Corona-Pandemie, sprechen Sie uns gerne an.
Bitte beachten Sie, dass diese Informationen nur den heutigen Stand (09.04.2020) der Sachlage abbilden. Es ist zu erwarten, dass sich die diversen Unterstützungsleistungen des Staates sehr zügig verändern werden. Wir haben diese Informationen nach bestem Wissen und Gewissen für Sie zusammengestellt und halten Sie auf dem Laufenden. Selbstverständlich können diese Kurzinformationen eine Steuer- und Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen.