Ein Beitrag von
Jürgen Großkopf-Dibs,
Partner bei MUNKERT & PARTNER
Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt, Steuerberater
Lesen Sie auch die Veröffentlichung von Herrn Großkopf-Dibs zu diesem Thema im QUARTIER Fachmagazin für urbanen Wohnungsbau „Eine Chance für bezahlbaren Wohnraum?“
Bereits im Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 haben die Regierungsparteien unter der dortigen Ziff. 5114 die Unterstützung der Kommunen bei der Aktivierung von Bauland und der Sicherung von bezahlbarem Wohnraum zu unterstützen. In der bisherigen Entwicklung gab es vielfältige Empfehlungen durch eine hierfür eingerichtete Expertenkommission (Baulandkommission) sowie eine auf dem Wohngipfel des Jahres 2018 vereinbarte Wohnraumoffensive.
Monatelang hatte sich die Große Koalition über Details an ihrem wohnungspolitischen Großprojekt „Baulandmobilisierungsgesetz“ gestritten. Am 4. Mai 2021 haben sich die Regierungsfraktionen schließlich auf einen Kompromiss geeinigt, den der Bauausschuss am 5. Mai 2021 mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen aller anderen Fraktionen absegnete. Der nunmehr am 7. Mai 2021 durch den Bundestag – in der Fassung der Beschlussempfehlung des Bundestags-Ausschusses für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen (BT-Drucksache 19/29396) – beschlossene Gesetzesentwurf zielt darauf ab, die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden zu stärken. Insbesondere sollen sie leichter auf Flächen für den Wohnungsbau zugreifen können; daneben sind Erleichterungen bei der Schaffung von Wohnraum im Innen- und Außenbereich vorgesehen.
Damit das Gesetz in Kraft treten kann, ist noch eine Befassung des Bundesrates sowie eine Verkündung bzw. Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt notwendig.
Soweit ersichtlich, wird sich der Bundesrat in seiner 1005. Sitzung am 28. Mai 2021 unter TOP 29 mit dem Einspruchsgesetz befassen. Bereits drei Tage nach dem Beschluss des Bundestages hat Bayerns Bauministerin Kerstin Schreyer am 10. Mai 2021 im Wohnungsbauausschuss des Bundesrates die Einberufung des Vermittlungsausschusses beantragt (mit dem Ziel, dass das vom Bundestag beschlossene Gesetz nicht in dieser Form in Kraft tritt). Dies hat insbesondere vor dem Hintergrund des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens zu konträren Reaktionen und zu einem im Münchener Stadtrat beschlossenen Dringlichkeitsantrag geführt, der mit dem Ziel gestellt werden sollte, dass Bayern seinen Antrag zurückzieht, das in der vergangenen Woche vom Bundestag beschlossene Baulandmobilisierungsgesetz über den Bundesrat in den Vermittlungsausschuss zu bringen. Wie der Süddeutschen Zeitung vom 12. Mai 2021 inzwischen zu entnehmen war, gab es am Mittwoch ein erstes Signal, „dass es für Bayern schwierig werden könnte, das Thema in den Vermittlungsausschuss zu bekommen. Der Bundesrats-Ausschuss für Wohnungswesen, dessen Beratungen und Abstimmungsergebnisse nicht öffentlich sind, lehnte nach SZ-Informationen mit zehn von 16 Stimmen den Antrag aus Bayern ab, drei Länder sollen sich enthalten haben, drei dafür gestimmt haben: Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen.“ Hiernach ist es wahrscheinlich, dass Bayerns Bauministerin Kerstin Schreyer mit ihren Bemühungen gescheitert ist, das Gesetz zu stoppen. Sollte der Bundesrat den Weg für das Gesetz am 28. Mai 2021 freimachen, könnte es bereits kurz nach dem 28. Mai 2021 in Kraft treten.
Umwandlung(sverbot) von Miet- in Eigentumswohnungen
Sofern eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen beabsichtigt ist, bedarf diese künftig der Genehmigung, wenn es sich bei dem betroffenen Gebiet um einen sog. angespannten Wohnungsmarkt handelt. Auch Eigentümer von Mehrfamilienhäusern brauchen dann eine Genehmigung, wenn sie Wohnungen einzeln verkaufen wollen.
Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung solche Gebiete festzulegen, wobei die Genehmigungspflicht maximal bis zum 31. Dezember 2025 gelten soll und in der Regel erst dann eingreifen soll, wenn sich in dem Wohngebäude mehr als fünf Wohnungen befinden. In bestimmten Fällen besteht entsprechend der beabsichtigten Neuregelung nach § 250 Abs. 3 Satz 1 BauGB-E ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung, wobei die darin genannten Tatbestände sehr eng gefasst sind und Sondersituationen (wie beispielsweise Begründung von Wohn- oder Teileigentum im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung oder Veräußerung an die Mehrheit von zwei Dritteln der Mieter) betreffen.
Die Änderungen zum ursprünglichen Entwurf betreffen vor allem die Handlungsmöglichkeiten von Kommunen auf angespannten Wohnungsmärkten. Dabei können sich die Länder wohnungspolitisch positionieren, d.h. beispielsweise kann es Ausnahmen für Häuser mit drei bis 15 Wohnungen geben – wo sie sich in dieser Spanne verorten, können die Länder selbst entscheiden. Auf diese Weise sollen Kleineigentümer geschützt werden.
Das Gesetz soll den Gemeinden durch Einräumung eines Vorkaufsrechts den Zugriff auf Grundstücke vor Investoren ermöglichen, um dort bezahlbaren Wohnraum zu errichten.
Durch die Etablierung einer neuen Gebietskategorie „Dörfliches Wohngebiet“ sollen es Gemeinden künftig leichter haben, Bauland zu mobilisieren, indem ein einvernehmliches Miteinander von Wohnen und – insbesondere landwirtschaftlicher – Nebenerwerbsnutzung vereinfacht wird.
In dem Gesetzesentwurf ist ferner auch ein Baugebot aufgenommen, auf dessen Grundlage die Kommunen Grundstückseigentümer dazu verpflichten können, freie Flächen innerhalb einer bestimmten Frist mit Wohnungen zu bebauen, soweit es dringenden Wohnbedarf gibt beziehungsweise in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Ausnahmen sind im Einzelfall zugelassen – zum Beispiel, wenn das Grundstück der Altersvorsorge dienen soll.
Ob und wie dem künftigen Aufteilungsgebot des § 250 BauGB-E bzw. dem Vorkaufsrecht zum aktuellen Zeitpunkt noch begegnet werden kann, ist im jeweiligen Einzelfall zu hinterfragen.
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