Beitrag von
Jürgen H. Großkopf-Dibs
Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)
Rechtsanwalt
Steuerberater
Partner
Sabine Hirschmann-Menke
Diplom-Kauffrau
Steuerberaterin
Fachberaterin Internationales Steuerrecht
Partnerin
Das aktuell geltende Grunderwerbsteuerrecht enthält einige Steuerbefreiungen, die auf den Übergang von Grundstücken unter Beteiligung der sogenannten „Gesamthand“ anknüpfen.
Die in der Gestaltungspraxis häufig genutzten partiellen Steuervergünstigungen unter Beteiligung von Personengesellschaften betreffen
Der Gesetzgeber hatte erst im Jahr 2021 bei der Grunderwerbsteuer weitreichende Änderungen vorgenommen, um Steuergestaltungen mithilfe sogenannter „Share Deals“, bei denen statt Grundbesitz Anteile an immobilienbesitzenden Gesellschaften übertragen werden, einzudämmen. Neben der u. a. umgesetzten Reduzierung von für die Steuerbarkeit maßgeblichen Beteiligungsquoten wurden dabei die zuvor geltenden Haltefristen betreffend die jeweiligen Beteiligungsquoten im Zusammenhang mit den vorgenannten Steuerbefreiungen von fünf auf zehn Jahre deutlich verlängert.
Am 01.01.2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Die „Jahrhundertreform“ unterzieht das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sowie der Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) einer umfassenden Generalüberholung. Der Gesetzgeber zieht damit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach, die sich seit seiner Grundlagenentscheidung aus dem Jahr 2001 (ARGE Weißes Ross) zur Teilrechtsfähigkeit der GbR entwickelt hat und die bislang im Gesetz nicht abgebildet ist. Im Zentrum der Reform steht damit das seit 1900 nahezu unveränderte Recht der GbR.
Bedeutsam erscheint insbesondere, dass im Zuge des MoPeG der Begriff der „Gesamthand“ aus dem Gesetz entfernt und ersatzlos gestrichen wird.
Zwar sieht das Gesetz schon immer ein sogenanntes „Gesellschaftsvermögen“ vor, allerdings ist dieses in der bisherigen Fassung des § 718 Abs. 1 BGB legaldefiniert als „das gemeinschaftliche Vermögen der Gesellschafter“. Das Gesellschaftsvermögen unterliegt dabei einer
„gesamthänderischen Bindung“ nach § 719 BGB, es ist als Sondervermögen vom sonstigen (Privat-)Vermögen der Gesellschafter getrennt.
Praktisch bedeutet dies, dass der Gesellschafter nur seine Mitgliedschaft als Ganzes übertragen, nicht aber isoliert über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen oder an den einzelnen zugehörigen Gegenständen verfügen kann. Nach dem derzeit gültigen Zivilrecht sind Personengesellschaften trotz ihrer zunehmenden rechtlichen Verselbständigung im Lichte der zivilrechtlichen Rechtsprechung konzeptionell als Gesamthandsgemeinschaften anzusehen.
Während im Hinblick auf die Ertragsteuer und die Schenkung- und Erbschaftsteuer durch das Wachstumschancengesetz nach derzeitigem Stand entsprechende Regelungen eingefügt werden, durch die an der bisherigen transparenten Betrachtung festgehalten und hierdurch die steuerliche Qualifikation beibehalten wird, ist dies hinsichtlich der Grunderwerbsteuer nicht der Fall.
Die grunderwerbsteuerlichen Tatbestände knüpfen seit jeher grundsätzlich an ein zivilrechtliches Verständnis und stellen im Bereich der vorgenannten Steuervergünstigungen tatbestandlich auf den Begriff der „Gesamthand“ und nicht auf den Begriff der „Personengesellschaft“ ab.
Mit Inkrafttreten des MoPeG ändert sich diese Betrachtung, da nach § 713 BGB n. F. die Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten künftig eigenes Vermögen der Gesellschaft sind.
Mit anderen Worten existiert damit ab dem 01.01.2024 keine Gesamthandsgemeinschaft mehr, die Anknüpfungspunkt für eine grunderwerbsteuerliche Vergünstigung sein könnte.
Zwar hat das Bundesministerium der Finanzen einen „Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes“ in den Umlauf gebracht, sogenannte „GrEStNG“, in dem eine konzeptionelle Neugestaltung des Grunderwerbsteuergesetzes sowie der darin geregelten Steuervergünstigungen vorgeschlagen wird. Allerdings ist derzeit nicht absehbar, wann und wie eine mögliche Einigung zwischen Bund und Ländern hierzu erfolgt und ob und ein entsprechender Gesetzesentwurf etabliert wird, der ein nahtloses Anknüpfen an die Neuregelungen des MoPeG zum 01.01.2024 ermöglicht.
Bereits an dieser Stelle sei erwähnt, dass die im „Diskussionsentwurf“ vorgeschlagenen Neuerungen nur teilweise zu einer Erleichterung der steuerlichen Beurteilung von grunderwerbsteuerlichen Sachverhalten führen, da darin erneut neue unbestimmte Rechtsbegriffe vorgesehen sind, die zu entsprechender Rechtsunsicherheit führen.
Praxishinweis:
Sofern demnach eine grundlegende Reform des Grunderwerbsteuergesetzes zum 01.01.2024 nicht erfolgt, laufen die bisherigen grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen unter Beteiligung einer Personengesellschaft tatbestandlich leer. Daher ist zu empfehlen, gegebenenfalls bereits überlegte Transaktionen, die nach bisherigem Recht unter eine der vorgenannten grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen fallen können, noch vor dem 01.01.2024 umzusetzen. Betroffen sind hiervon neben Grundstücksübertragungen unter Beteiligung von Personengesellschaften im Einzelfall auch Umstrukturierungen, an denen grundbesitzhaltende Personengesellschaften beteiligt sind.
Im Zuge des MoPeG wird ein gesondertes Gesellschaftsregister für die GbR eingeführt. Im Gegensatz zur OHG und zur (GmbH & Co.) KG, welche sich schon immer in das Handelsregister eintragen lassen müssen, besteht bisher bei der GbR ein Publizitätsdefizit, da insbesondere in der Praxis der Nachweis der zur Vertretung befugten Gesellschafter nicht auf Basis eines Registernachweises geführt werden konnte.
Hervorzuheben ist, dass die Registereintragung weder (wie bei Kapitalgesellschaften) rechtsbegründend im Zuge der Entstehung der GbR noch (wie bei Personenhandelsgesellschaften) gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Gesetzgeber hat sich für eine „fakultative Eintragung kombiniert mit einem Anreizsystem durch sogenannte Voreintragungserfordernisse“ entschieden.
Ein solches Voreintragungserfordernis gilt beispielsweise für den Erwerb und die Veräußerung registrierter Rechte an einem Grundstück oder einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.
Da mit Inkrafttreten des MoPeG auch die Umwandlungsmöglichkeiten der (eingetragenen) GbR erheblich erweitert werden, kann auch unter diesem Gesichtspunkt ein Voreintragserfordernis bestehen.
Mit anderen Worten werden ab dem 01.01.2024 Gesellschaften bürgerlichen Rechts nur noch dann in das Grundbuch oder in die Gesellschafterliste einer GmbH eingetragen, wenn diese bereits in das Gesellschaftsregister eingetragen ist. Daraus folgt faktisch eine Registrierungspflicht für grundbesitz- oder kapitalgesellschaftsbeteiligungshaltende Gesellschaften bürgerlichen Rechts, wenn diese eine Transaktion vornehmen bzw. sich an einer solchen beteiligen wollen.
Für Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die bereits vor der Gesetzesänderung zum 01.01.2024 Grundbesitz oder Beteiligungen an Kapitalgesellschaften halten und bei denen keine Änderung der Verhältnisse (insbesondere Erwerb oder Veräußerung bzw. Anteilsübertragung) absehbar oder geplant ist, ergibt sich zumindest nach derzeitigem Stand kein dringender Handlungsbedarf. Hintergrund dafür ist, dass die Eintragung ohne bestehende Voreintragungspflicht fakultativ ist. Auch ohne Eintragung in das Gesellschaftsregister kann eine GbR nach wie vor rechtsfähig sein, wenn diese entsprechend dem Willen der Gesellschafter am allgemeinen Rechtsverkehr teilnimmt.
Zu erwähnen ist, dass neben den seitens des Gesetzgebers verfolgten positiven Anreizen, die mit einer Publizitätswirkung verbunden sind, auch negative Folgewirkungen in die Abwägung einer fakultativen Eintragung einzustellen sind. Sobald eine GbR in das Gesellschaftsregister eingetragen ist, obliegt dieser auch die Veröffentlichung der wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister. Daneben ist gesetzlich kein Exit aus dem Gesellschaftsregister vorgesehen, d. h. die Beendigung einer eingetragenen GbR kann nur noch im Wege einer Liquidation erfolgen.
Daneben wird künftig auch damit zu rechnen sein, dass kreditfinanzierende Banken eine solche Eintragung im Gesellschaftsregister der GbR fordern werden.
Praxishinweis:
Die Vor- und Nachteile einer fakultativen Eintragung sollten sorgfältig im Einzelfall überlegt werden, da diese insbesondere die beschriebenen Folgen einer Transparenzregisterpflicht sowie einer fehlenden Exit-Möglichkeit aus dem Gesellschaftsregister nach sich ziehen. Sofern eine Voreintragungspflicht aufgrund einer geplanten Veränderung/Transaktion bereits kurze Zeit nach dem Jahreswechsel festgestellt wird, sollte aus Zeitgründen und vor dem Hintergrund, dass eine Anmeldung zum Gesellschaftsregister erst ab dem 01.01.2024 möglich sein wird, die Registeranmeldung bereits frühzeitig bei einem Notariat beglaubigt und der Notar zur Einreichung nach dem Jahreswechsel angewiesen werden.
Fazit:
Obwohl der Gesetzgeber mit dem MoPeG das Ziel einer lediglich erfolgenden Festschreibung eines bereits infolge der Rechtsprechung bestehenden Zustandes verfolgt, ergeben sich zahlreiche Folgewirkungen.
Es ist anzuraten, dass Gesellschaftsverträge von Gesellschaften bürgerlichen Rechts einer Prüfung unterzogen werden, ob diese der ab dem 01.01.2024 geltenden Rechtslage entsprechen. In einigen Aspekten ist davon auszugehen, dass in Gesellschaftsverträgen ohnehin von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vorgaben enthalten sind – allerdings sollten Querverweise auf vormalige Rechtsvorschriften möglichst vermieden werden.
Im Hinblick auf die derzeit nicht rechtssicher beurteilbare Entwicklung im Bereich der Grunderwerbsteuer bleibt festzuhalten, dass überlegte Transaktionen zwischen Personengesellschaften und deren Gesellschaftern oder zwischen Schwesterpersonengesellschaften noch in diesem Jahr vollzogen werden müssten, um das Privileg der bisherigen Steuervergünstigungen – unter den jeweiligen Voraussetzungen – zu erhalten. Dies gilt gleichfalls für Umstrukturierungen, an denen grundbesitzhaltende Personengesellschaften beteiligt sind.
Betreffend das neue Gesellschaftsregister kann keine allgemeingültige Aussage getroffen werden, d. h. hier ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich, welche die konkreten Vor- und Nachteile einer Eintragung berücksichtigt. Sofern ohnehin ein Voreintragungserfordernis (beispielsweise aufgrund eines Erwerbs oder einer Veräußerung von Immobilien oder GmbH-Beteiligungen) besteht, sollte gerade bei bevorstehenden Transaktionen kurz nach dem Jahreswechsel bereits frühzeitig die Anmeldung zum Gesellschaftsregister notariell beglaubigt werden, damit diese ab Freischaltung des Gesellschaftsregisters zum 01.01.2024 eingereicht werden kann.
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